Visualitäten von Geschlecht in deutschsprachigen Comics.

Ein Grundlagenforschungsprojekt, das die Bedingungen, Eigenschaften und Strukturen von Visualitäten von Geschlecht untersucht. Es ist die erste systematische Analyse deutschsprachiger Comics in diesem Umfang.

Zusammenfassung

Die Bilder und Narrative von Geschlecht, die Comics immer hervorbringen und bisweilen hinterfragen, sind mannigfaltig und substanziell. Dabei ist nicht nur an Jerry Siegels und Joe Shusters idealisierten Kraftkörper ‚Superman‘ sowie an sexualisierte Weiblichkeitsdarstellungen in DC Comics wie ‚Wonder Woman‘ oder ‚Catwoman‘ zu denken; sondern auch an Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum, wie etwa Anke Feuchtenbergers und Katrin de Vries’ sich stets neu (de)formierende Körper der ‚Hure H‘, oder Ulli Lusts Kritik an Geschlechterrollen in Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens. Comics arbeiten in jedem Fall mit etablierten Registern von Geschlecht bzw. arbeiten sich daran ab und weisen Körper als Träger kultureller Einschreibungen aus. Anhand von Einzeldarstellungen (vorwiegend im anglo-amerikanischen Raum), hat die Comicforschung sich diesem Themenfeld bereits angenähert; eine strukturierte Sammlung und Untersuchung der ‚Visualitäten von Geschlecht‘, auch um ihre soziokulturelle Produktivität genau fassen zu können, steht allerdings aus.

Das vorliegende Projekt schließt diese Lücke und leistet zentrale Grundlagenarbeit, indem es die Bedingungen, Eigenschaften und Strukturen von Visualitäten von Geschlecht in deutschsprachigen Comics untersucht und durch seine Verortung zusätzlich den dringenden Nachholbedarf einer speziell österreichischen Comicforschung deckt.

Der theoretische Referenzrahmen umfasst Bildwissenschaften, Visual Culture und Gender Studies; die Leitfragen lauten: Wie wird Geschlecht in deutschsprachigen Comics dargestellt? Welche Möglichkeiten haben diese, Geschlecht, Körperlichkeit, Sexualität und Begehren abzubilden und zu erzählen? Welche theoretischen, politischen oder ästhetischen Traditionen verfolgen/dekonstruieren sie? Wie (re)produzieren und stabilisieren sie binäre Geschlechternormen? Welche Möglichkeiten des Bruches bieten sie?

Susanne Hochreiter, Marina Rauchenbacher und Katharina Serles bearbeiten diese Fragen in drei Phasen, die mit den drei zentralen Zielen korrespondieren: Zunächst werden deutschsprachige Comics mit explizitem Gender-Bezug gesammelt, zusammengestellt und beschlagwortet; die Ergebnisse werden kommentiert und als open-access Datenbank einer breiten, internationalen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In einer zweiten Arbeitsphase werden intersektionale, diskursanalytische und dekonstruktive Auswertungen des Materials vorgenommen. Dabei werden interdisziplinäre Themencluster aufbereitet, ein Glossar zentraler Begriffe verfasst und das in Phase 1 erstellte Korpus erweitert. Zuletzt wird eine meta- und selbstreferenzielle Ebene eingezogen, um mittels der Erkenntnisse aus der thematischen Auswertungsphase eine vertiefte und aktualisierte Theorie des Comics sowie Comicforschungskritik zu leisten, die Verortung und performative Wirkkraft von Comics für den theoretischen Referenzrahmen genau zu fassen und diesen produktiv zu ergänzen.


Fördergeber

**FWF Der Wissenschaftsfonds**

Institution

**Universität Wien**

Kontakt